Digitale Medien haben in der COVID-19-Pandemie einen enormen Zuwachs erfahren. Viele Menschen nutzen das Internet deutlich häufiger als zuvor. Dabei stellt sich die Frage: Wieviel ist zu viel?

Medien können Kinder und Jugendliche fesseln. Chatten in Sozialen Netzwerken, Surfen und Spielen im Internet – die Faszination lässt Kinder gar nicht mehr los. Sie vergessen die Zeit, stehen unter sozialem Druck. Fast 700.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland haben einen riskanten oder sogar pathologischen Konsum von Onlinespielen und sozialen Medien. Hier sind Eltern gefragt, damit sich eine exzessive Mediennutzung erst gar nicht entwickelt.

Games, Chats und Videos können für Kinder und Jugendliche so reizvoll und spannend sein, dass sie damit gar nicht mehr aufhören wollen. Durch Smartphones stehen digitale Angebote auch unterwegs zur Verfügung. Viel Streit in Familien entsteht, weil die Meinungen darüber, wieviel Mediennutzung normal und angemessen ist, bei Eltern und Kindern oft weit auseinandergehen. Eltern fühlen sich mitunter hilflos und wissen nicht genau, wie sie dem Einhalt gebieten können.

Öffentlich ist oft von „Mediensucht“ die Rede – das beunruhigt Eltern zusätzlich. Es müssen jedoch mehrere Faktoren zusammenkommen, bis sich aus einer intensiven Mediennutzung eine krankhafte Sucht entwickelt. Entgegen des weit verbreiteten Alarmismus ist der Anteil Jugendlicher mit exzessiver Mediennutzung relativ klein und zeitlich begrenzt. Exzessive Mediennutzung lässt sich nicht allein an der verbrachten Zeit messen. Ausschlaggebend ist vor allem, inwieweit es durch die Nutzung zu gesundheitlichen, leistungsbezogenen, sozialen oder emotionalen Problemen kommt, wie etwa eine extreme gedankliche Fixierung oder depressive Reaktionen bei längerer Abstinenz. 2018 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Kriterien für eine Computerspielsucht offiziell festgeschrieben. Damit wird jedoch nur ein Teilbereich des breiten Medienspektrums abgedeckt. Hinweise, dass suchtartiges Medienverhalten vorliegt, geben – neben umfangreicher Zeit – folgende Verhaltensweisen. In der Regel treffen mehrere Faktoren über einen langen Zeitraum zu (z.B. ein halbes Jahr):

  • Kontrollverlust: Dem Kind fällt es sehr schwer, den Mediengebrauch einzuschränken bzw. darauf zu verzichten.
  • Interessensverlust, der Zwang, immer online zu sein: Elektronische Medien sind das Einzige, was das Kind noch zu motivieren scheint.
  • Exzessive Beschäftigung: Das Kind beschäftigt sich auch in Gedanken anscheinend nur noch mit Medien.
  • Mangelndes Interesse an anderen Freizeitaktivitäten.
  • Psychosoziale Konsequenzen und Rückzug: Die Mediennutzung des Kindes beeinträchtigt die Aktivitäten der Familie.
  • Vernachlässigen von sozialen Kontakten: Verwandte und Freunde, Ausflüge werden gemieden.
  • Ernsthafte Probleme: Die Mediennutzung des Kindes verursacht Probleme in der Familie.
  • Toleranz: Die Zeit, die das Kind für den Umgang mit Medien verwenden möchte, wird immer länger.
  • Nachlassende Leistungen oder Konflikte in Schule oder Beruf.
  • Flucht / Nutzung zur Verbesserung der Stimmung: Wenn das Kind einen schlechten Tag hat, scheint der Gebrauch der Medien das Einzige zu sein, das ihm hilft, sich besser zu fühlen.

Das Interesse der Eltern, was genau ihre Kinder im Netz machen, welche Seiten sie mögen oder welche Spiele sie spielen, ist wichtig für Heranwachsende. Dafür sollten Eltern ihre Kinder von Anfang an begleiten und frühzeitig über die Risiken, aber auch die vielfältigen Möglichkeiten der Mediennutzung sprechen. Es ist nicht falsch, dass Kinder schon früh den Umgang mit Medien lernen und mit Unterstützung der Eltern immer besser einschätzen können, wie Chancen und Risiken verteilt sind. Ob Kinder wissen, was eine gute Website von einer schlechten unterscheidet, dass man mit privaten Daten vorsichtig umgehen muss, was beim Chatten geht und was nicht – diese Kenntnisse erwachsen im Gespräch. Auf dieser Grundlage können Eltern gemeinsam mit ihrem Kind die Mediennutzungszeiten festlegen. Die Vorgaben müssen nicht in Stein gemeißelt sein, im Gegenteil: Die besten Regeln wachsen mit.

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